Immer wieder Sonntags
Ausgabe 113 - Das smarte Miet-Scooter-Problem, Micropayment für Tweets mit Links, keine Bilder von Xi Jinping aus Midjourney und das TikTok der Woche.
Guten Morgen liebe Lesenden,
es ist Ostern und ich habe Zeit und Inspiration gefunden mal wieder einen längeren Text zu schreiben. Ich freu mich ja immer wieder, wenn ich durchs Texte schreiben Gedanken zu einem Thema sortieren und aktualisieren kann … und Ihr könnt daran teilhaben. In diesem Sinne: Let’s jump right in!
Das smarte Miet-Scooter-Problem

Bolt, als einer der großen Mietscooter-Anbieter, führt ein Punkte-System für die Nutzung seiner E-Scooter ein. Unsachgemäßer Gebrauch der Scooter wird demnächst bestraft. Und ich finde das gut. Vor allem aus zwei Gründen:
Die Dinger gehören nicht mir und stehen der zahlenden Allgemeinheit zur Verfügung.
Man bewegt sich damit im öffentlichen Raum und unsachgemäßer Gebrauch ist deshalb tendenziell auch ein gefährlicher Gebrauch.
Ich finde es spannend, dass die meisten wohl sagen würden: “Das ist ja ne gute Idee.” Es geht am Ende ja nicht um Gängelung von Menschen, sondern darum Menschen zu schützen. Weil die fahrende Person ja entweder direkt eine Gefahr für andere Menschen ist oder eben für sich selbst. Und der E-Scooter soll ja möglichst lange halten und nicht durch Treppen runterfahren kaputt gehen (oder so).
Paris wird z.B. im Herbst Mietscooter verbieten, weil die Pariser und Pariserinnen ganz offenbar nervt wie Mietscooter benutzt werden.
The reckless rider scoring systems collects inputs, including tandem riding detection, frequent abrupt braking and skidding, collisions, and illegal parking, to evaluate the rider’s behaviour.
(Zitat aus dem oben verlinkten Artikel)
Ich finde solche Beschränkungen in der Tat gut. Denn sie treffen mich, als Nutzer von Miet-Scootern nicht. Ich will einfach nur von A nach B kommen – Auf einem heilen Scooter. Ich will nicht zu zweit drauf fahren, um mir 3 Euro zu sparen. Ich will keine “coolen” Bremsmanöver mit blockiertem Hinterrad machen und ich will das Ding auch nirgendwo abstellen, wo es im Weg steht. Und da werde ich nicht allein sein, mit meiner Sicht auf die Nutzung. UND es bezieht sich nur auf Mietscooter. Nicht auf auf Selbstgekaufte.
Wie oben schon gesagt, die meisten werden mir wohl zustimmen. Wenn man den Gedanken allerdings auf’s (Miet-)Auto überträgt, da werden wohl ein paar Augenbrauen hoch gehen.
Denn theoretisch wären Geschwindigkeitsbeschränkungen durch die vorhandene Hardware schon heute ohne weiteres in vielen PKW möglich. Allein, ich sehe noch nicht mal den Hauch eines ernsthaften Diskurses, den wir eigentlich führen müssten.
Verbreitung von Social-Scoring-Systeme durch die Hintertür vermeiden
Es gibt keinen Grund, dass man in einer 30er Zone schneller fahren darf als erlaubt. Wenn das technisch (software-)beschränkt wäre, wie wollte man dagegen argumentieren? Klar, es gibt immer irgendwelche Edge-Cases, wo man sagen kann, dass zu schnelles fahren, parken auf dem Radweg oder im Parkverbot, in der Situation legitim erscheinen. Sowas wie “Frau/Mann wird von Mann/Frau im Eiltempo ins KKH gebracht“, aber das ist nicht die Regel und es würde trotzdem verboten bleiben. Für solche Fälle gibt es Rettungsdienste und die Polizei.
Größer gedacht bringen uns solche Ansätze, wie die von Bolt, in die Nähe von Social-Scoring-Systemen wie in China. Was nun wirklich niemand will.
Deshalb glaube ich, dass wir als Gesellschaft einen Diskurs über solche regularischen Eingriffe führen sollten. Was finden wir ok oder sogar gut, was sollte aber auf jeden Fall verboten bleiben? Die Privatwirtschaft wird bei sowas immer den ersten Schritt machen – aus nachvollziehbaren, weil wirtschaftlichen Gründen. Irgendwann wird dann aber auch der Staat anfangen an solchen Systemen Interesse zu zeigen. Entweder weil er sie regulieren oder selbst einsetzen will: Und da sollten wir uns vorher klar sein, welche Eingriffe in unsere private Entfaltung wir tolerieren wollen und welche nicht.
Ihr könnt an dem Text selbst sehen, dass ich auf der einen Seite meine momentanen persönlichen Vorteile sehe, aber eben auch die Gefahren. In diesem Sinne, macht Euch Mittagessen, aber macht Euch auch Gedanken.
TWITTER gone wrong, die Xte
Ich habe diesen Newsletter ursprünglich angefangen zu schreiben, weil ich das Newsletter-Tool von Twitter, namens Revue, ausprobieren wollte. Nach dutzenden Newslettern hat Elon Musk Twitter gekauft, Revue wurde eingestampft und ich bin auf Substack gewechselt, um meinen Newsletter zu versenden.
Jetzt behindert Twitter Substack. Wie man oben sieht, ich kann den Tweet von Stephan Dörner weder liken noch retweeten.
Das Ganze wird ja von Musks Idee ausgelöst, dass Links auf externe Inhalte quasi freie Werbung wären. Faktisch funktioniert so natürlich ein großer Teil des Internet – man linkt auf andere Inhalte. Wie in diesem Newsletter.
Wann kommt Micropayment für Tweets mit Links?
Machen wir uns nichts vor, Musk versucht gerade Twitter aufs Biegen und Brechen zu monetarisieren. Mich würde es nicht wundern, dass er in naher Zukunft damit um die Ecke kommt, dass externe Links ja quasi Micro-Ads sind – für Inhalte, die nicht auf der Plattform stattfinden und für Tweets mit externen Links … muss man dann zahlen. Wenn er die Zahlungsdaten via Twitter Blue eh schon hat, wäre das nur ein kleiner Schritt. Oder der Tweet bekommt eben keine Reichweite und kann nicht geliked / retweetet werden.
Plattformunabhängig ist man momentan nur mit E-Mail Newslettern und abonnierbaren RSS Feeds (oder theoretisch mit Telefonlisten, z.B. für SMS). Wobei mir noch Notifications über Apps und Webseiten in den Sinn kommen, das ist aber auch ein ganz anderer Grind.
Fazit: Elon Musks’ Entscheidungen und Twitters Entwicklung sind obskur, bemerkenswert (but not in a good way), dumm oder doch smart? Ich weiß gar nicht wie ich das bewerten soll – Das wird die Zukunft zeigen.
Kurznachrichten
Ich habe mich schon immer gefragt, warum niemand einen Hardware Synthesizer mit Motorfadern / Motorknobs macht. Jetzt hat’s wer getan. Nice – Nina.
Bei Midjourney ist das Wort “Jinping” blockiert. Also wegen Xi. Man kann dementsprechend keine Bilder generieren, die den chinesischen Chefmann zeigen. Ich habs selbst ausprobiert und es stimmt. Ich finde solche Bans sehr bedenklich.
Mein TikTok der Woche: Teenager im blauen T-Shirt tanzt für Billie Eilish.
Ich spiele (natürlich auch) ab und zu mit dem Gedanken mir ein dumb-phone / feature-phone zu kaufen, weil erstens der ganze digitale social grind dann wegfällt und weil zweitens Geräte wie die Nokia LTE Banane zu geil aussehen. Sheena von The Verge hat da ihren eigenen, lesenswerten Take zu.
Das war’s für diese Woche. Bis nächsten Sonntag. =)
XOXO
Wolli